SSV-Oberflockenbach



Gründung

...da war zum einen die rigorose Ablehnung jeglichen Waffengebrauchs und zum anderen die dem im Jahre 1930 in Steinklingen gegründeten Schützenverein angekreideten Beziehungen zur nationalsozialistischen SA.
Um nicht in den Verdacht zu geraten, überholte Traditionen fortsetzen zu wollen, entschloß man sich deshalb, einen völlig neuen und damit politisch unbelasteten Sportschützenverein zu gründen.
Auch wenn aus diesem Grunde keine historische Beziehung zum ehemaligen Steinklingener Verein besteht, gilt es festzuhalten, dass es schon vor dem zweiten Weltkrieg einen Schützenverein in Steinklingen gab, der auf einem noch heute sichtbaren, selbsterbauten Schießstand auf dem Rothsbuckel trainierte, sein Vereinslokal im "Grünen Baum" hatte, bereits an Wettkämpfen teilnahm und mit dem Untergang des 3.Reiches in das Loch der Geschichte versank.
Nach der Protokollierung der Vereinsgründung wählten die Anwesenden Karl Heckmann jun. zum 1. Vorsitzenden. Mit ihm erhielt ein Mann das Vertrauen der Gründer, der als Oberflockenbacher Bürger glaubwürdig Vergangenheit und Zukunft zusammenfügen konnte und als Geschäftsmann auch in der Lage war, dem Verein aus mancher Verlegenheit zu helfen.

Vereinsgründer (vlnr):
Ernst Müller, Alois Plail, Karl Heckmann, Günter Hedrich, Karl Schmitt, Adam Fath.
es fehlen: Werner Keller, Michael Kaminski, Nikolaus Schmitt


Während die neun Gründer im Nebenzimmer der "Rose" am 17. Juni 1953 die Vereinsgründung beschlossen, fand - wie wir heute wissen - im Ostsektor der in vier Sektoren aufgeteilten ehemaligen deutschen Hauptstadt Berlin der opfervolle Aufstand der Bauarbeiter statt, der die Teilung der Überreste des Deutschen Reiches festigte. Wenn nun in unseren Tagen ein neuer deutscher Bundesstaat entsteht und der 17. Juni vielleicht einmal in Vergessenheit geraten wird, soll für immer daran erinnert werden, daß der Gründungstag des Schützenvereins "Eichelberg" mit Deutschlands historischem Datum zusammenfällt.
An dieser Stelle soll nicht verschwiegen werden, dass auch die im Gastraum versammelten Männer, die laut "Mitglieds- und Beitragsbuch" noch am selben Tag dem Verein beitraten, eigentlich in den Kreis der Gründer miteinbezogen gehören. Das waren:

  1. Rudi Diemer
  2. Helmut Fath
  3. Walter Fath
  4. Heinz Heckmann
  5. Siegfried Hummel
  6. Walter Raule
  7. Karl Sander
  8. Willi Sander
  9. Ernst Sauer jun. (Landwirt)
  10. Karl Scheller
  11. Lothar Schmitt
  12. Heinz Weigold

Warum sich die Gründungsversammlung in Nebenzimmer und Gastraum abspielte, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen.
Auch wenn der Ablauf der Vereinsmeisterschaften und die Ermittlung des Schützenkönigs mit Vorstandsbeschluß formal festgeschrieben wurde, lief das sportliche Vereinsleben doch recht locker ab. Das hat Gründungsmitglied Werner Keller im Jubiläumsfestbuch von 1978 sehr eindrucksvoll beschrieben:

"Vereinslokal war das Gasthaus "Zur Rose". Schießstand und Gewehre waren nicht vorhanden. Durch großzügiges Entgegenkommen des späteren Unterkreisschützenmeisters Hermann Gutjahr wurden drei vereinseigene Gewehre angeschafft, die in Raten "abgestottert" werden mussten. Das Schießen erfolgte im Tanzsaal der "Rose". Unerwartet schnell wuchs die Zahl der Schützen, doch hatte man keine rechten Vorstellungen über sportliches Schießen, zumal die Richtlinien des Deutschen Schützenbundes hier natürlich noch völlig unbekannt waren. So schoss man denn anfangs mehr schlecht als recht auf Scheiben bei dürftiger Beleuchtung, und das nicht nur stehend freihändig, sondern auch kniend und im Liegen, wie das vom Senior des Vereins Alfred Pollit vorgeführt wurde. Nach einem guten Schuß war es üblich, dass der Schütze ein Maß Bier zu bezahlen hatte. Gingen die Ringscheiben aus, wurde auch auf andere Gegenstände (Kerzen, Gläser usw) angelegt und geschossen. Wie aus den Schießbüchern hervorgeht, beteiligten sich auch viele Nichtmitglieder am Schießen, das an einem Werktagabend, dann aber auch sonntags morgens durchgeführt wurde. Schlimm sah es anfangs mit dem Schießende aus, es wollte kein Ende nehmen. Wiederholt fuhr man mit einem PKW, einem Mercedes 170, der dem Gründungsmitglied Karl Heckmann gehörte, in die nächste Umgebung, um bei anderen Wirten in geselliger Runde fröhlich weiter zu feiern."

Es kam jedoch auch vor, dass Gastwirtschaften schon geschlossen hatten, sodass man sich mit List Zugang verschaffen mußte. So gelang es einer wohlbekannten Gruppe von Schützenbrüdern mit der vorgeblichen Absicht, nachts um 11.00 Uhr einen Schinken kaufen zu wollen, in die Metzgerei der "Eintracht" in Trösel eingelassen zu werden, um dann nach dem Kauf in die Gaststube zu entwischen. Dort wurde die Zecherei fröhlich fortgesetzt. Da kein Ende abzusehen war, machte sich der Autofahrer heimlich davon, sodass die Zurückgebliebenen sowohl seinen Schinkenanteil als auch seine Zeche mitbezahlen mussten und zum Dank auch noch heimlaufen durften.
Da vier der Schützenbrüder einer Hausgemeinschaft angehörten, hatten alle den gleichen Weg und fürchteten auch den Empfang, der ihnen zuhause bereitet wurde. So fiel ein Schützenbruder bei dem Versuch, trotz verschlossener Haustür unbemerkt ins Haus zu gelangen, mit einem Riesenkrach in das Glasdach der Veranda, wodurch er die Hausbewohner sehr erschreckte, weil diese einen Einbrecher vermuteten.


Am 01. September 1953 meldete Vorstand und Oberschützenmeister (OSM) Karl Heckmann folgende 35 Mitglieder beim Badischen Sportschützenverband in Heidelberg an:

Diemer, Rudi (geb. 1932)Prisslinger, Anton (geb. 1937)
Eschelbach, Rudi (geb. 1938)Raule, Emil (geb. 1933)
Fath, Adam (geb. 1916)Raule, Walter (geb. 1937)
Fath, Helmut (geb. 1934)Sander, Karl (geb. 1931)
Fath, Walter (geb. 1937)Sander, Willi (geb. 1933)
Gärtner, Walter (geb. 1932)Sauer, Ernst (geb. 1938)
Heckmann, Karl (geb. 1924)Scheller, Karl (geb. 1912)
Heckmann, Heinz (geb. 1926)Schollenberger, Hans (geb. 1923)
Hedrich, Günter (geb. 1928)Schollenberger, Willi (geb. 1918)
Hummel, Siegfried (geb. 1927)Schork, Werner (geb. 1931)
Kaminski, Michael (geb. 1925)Schmitt, Horst (geb. 1933)
Keller, Werner (geb. 1925)Schmitt, Karl (geb. 1922)
Kunze, Otto (geb. 1923)Schmitt, Karl (geb. 1935)
Lammer, Werner (geb. 1932)Schmitt, Klaus (geb. 1935)
Müller, Ernst (geb. 1910)Schmitt, Lothar (geb. 1931)
Plail, Alois (geb. 1915)Schmitt, Nikolaus (geb. 1902)
Pollitt, Alfred (geb. 1896)Weigold, Heinz (geb. 1937)
Pollitt, Georg (geb. 1925)



Mit dem Herbst begann dann die Festsaison mit dem ersten Königsball am 28.11.1953, auf dem auch die Ehrung des Schützenkönigs sowie das "Gänseschießen" stattfand, das wie folgt ablief:

Mit einem Geldeinsatz konnte man sich an einem Preisschießen beteiligen, der auf einem in der Nähe des Tanzsaals aufgebauten Schießstand stattfand. Die besten Schützen wurden mit einer lebendigen Martinsgans belohnt, die man in einem Stall auf dem Hof der "Rose" besichtigen konnte. So war denn ein Schützenbruder von seinem Preis so begeistert, daß er den Gänsevogel mit in den Tanzsaal nahm, um mit ihm eine Runde zu drehen. Der Gans wurde aber dermaßen schwindelig, daß sie den Anzug des Gewinners von oben bis unten bekleckerte.
Ein Schützenbruder gehörte ebenfalls zu den Siegern, obwohl er schwören wollte, dass er auf die Überdachung des Schießstandes gezielt hatte. Er hat wohl bis heute nicht erfahren, daß ihm ein benachbarter Schütze mit einem Zehner "ausgeholfen" hatte.

Über den weiteren Verlauf des ersten Königsballs schreibt Werner Keller:

"Bei der Ansprache des damaligen Bürgermeisters Cestaro meinte dieser, der Schützenverein sei "noch eine kleine Flamme", die hoffentlich nicht zum Erlöschen käme. Auch wirkte damals der Steinklingener Volkstanzkreis mit seinem Leiter, dem Lehrer der Steinklingener Schule, Gotthardt Hoffmann mit - insgesamt ein kleines Volksfest, mit einer Merkwürdigkeit verbunden. Von auswärts kamen Beschwerden eines Tierschutzbundes, wonach es eine Tierquälerei ersten Ranges darstelle, auf lebende Gänse zu schießen! Der Irrtum konnte sehr schnell ausgeräumt werden!"


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